Franz Nahrada / Dorf Träume Und Traum Dörfer / Neue Nachbarschaften |
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AloisKemmer 4. April 2010 20:18 CET: Im Projekt "Keimblatt Ökodorf" hat der Begriff NACHBARSCHAFTEN eine zentrale Bedeutung - mit Recht - je mehr ich darüber nachdenke: Die bewehrten Modelle (Muster?) der Vergangenheit haben ausgedient. Es hat wohl keinen Sinn mehr, den Großfamilien nachzutrauern, in denen mehrere Generationen integriert waren und die weitestgehend wirtschaftlich selbstständige Selbstversorgungsmodelle waren (- von denen wir heute wieder träumen...?) Auch die alte Form der "Nachbarschaft" ist praktisch nicht mehr existent. Die Menschen wollen fast ausnamslos nur noch ihre individuelle Freiheit und die totale Unabhängigkeit von anderen Menschen. Das meinen sie über Mobilität und über genügend Geld erreichen zu können. Dafür wurde und wird vermehrt auch die Vater-Mutter-Kind-Famile geopfert und man will die Kinder (falls man sich diese überhaupt noch "antut") möglichst rasch an Institutionen "abschieben" um ja möglichst rasch wieder "frei und unabhängig" sein zu können. Und doch gibt es offenbar immer mehr Menschen, die über neue Lebensformen nachdenken, sobald sie kapiert haben, dass sie im Streben nach Freuheit längst Sklaven der Industrie und der Geldwirtschaft geworden sind. Man beginnt von neuen "Dorfgemeinschaften" zu träumen, die man mit viel Geld und mit umfangreicher Planung auf moderne Weise realisieren möchte. NeueLebensformen - abgeleitet von bewährten Modellen der Vergangenheit. FranzNahrada 4. April 2010 22:37 CET Genau. möchtest Du mitträumen? auf diesen Seiten gehts literarisch zu....Das mit dem vielen Geld ist relativ, und das Thema Geld kommt immer wieder auf 500 Arten rein, doch hier geht es darum wofür und wohin....und natürlich auch wie sich individuelle Freiheit und kollektive Identität und nachhaltiges Tun paaren können....
AloisKemmer 5. April 2010 0:01 CET: Ja lieber Franz, ich möchte mitträumen (wie sichs um diese Uhrzeit auch gehört), aber wenn es mir nicht genügend literarisch gelingt, dann möge man mir dies bitte verzeihen ... Als Jüngling war ich einer der vielen, die "Landflucht" begingen. Ich lebte und arbeitete 20 Jahre lang in der Stadt, (in Graz) und nun schon über 20 Jahre lang in Kirchbach - also in einem "Dorf". Ja - aber ich lebe gefühlsmäßig in keiner "Dorfgemeinschaft" ...! Hier im "Dorf" lebt man genauso "nebeneinander", nicht "miteinander", wie in der Stadt. Kann es gelingen, ein ganz neues "Dorf" (egal ob ein "Ökodorf" oder irgend ein anderes Dorf) neu zu "bauen" und daraus eine "Dorfgemeinschaft" zu formen ...?
Ich denke, es macht einen großen Unterschied ob man gemeinsam mit anderen Menschen eine Gemeinschaft "BILDEN" möchte, oder ob man einer Gemeinschaft bloß ANGEHÖRT.
Bleibt die Frage, ob man ein Dorf nach diesem "Muster" unbedingt neu "bauen" muss ..?
FranzNahrada 5. April 2010 9:31 CET Hallo Alois, ja, Du hast das mit den Nachbarschaften als moderne Form der Großfamilie sehr gut dargestellt. ein interessantes Modell scheint mir die Föderation von Damanhur zu liefern: ich lass jetzt das ganze "esoterische" Drumherum weg, es ist hier jetzt nicht so zentral. Damanhur liegt ca. 50 km nördlich von Turin in Valchiusella, einem Tal in den Voralpen bei Ivrea. Es wird von ungefähr 500 Vollbürgern gebildet, die in ca. 45 Wohn- und Lebensgemeinschaften, den sogenannten "Nuclei", mit jeweils 12 – 24 Mitgliedern leben und arbeiten, verteilt auf mehrere Ortschaften. Ungefähr 350 weitere Damanhurianer leben außerhalb des Kerngebietes. Die Gemeinschaft bildet einen kleinen, inoffiziellen 'Staat im Staate' Italien, mit eigener Währung, eigenen Schulen, einer eigenen Gerichtsbarkeit und einer eigenen Zeitung. Der Grundbesitz der Föderation von Damanhur verteilt sich auf das ganze Tal und umfaßt (Zahlen von 2006) etwa 160 Hektar Wald, 60 Hektar Ackerland und 5 Hektar Siedlungsflächen mit über 80 Gebäuden. Der zentrale Ort, sozusagen die Hauptstadt, heißt Damjl. http://www.damanhur.at/index.php/das-taegliche-leben http://www.damanhur.at/index.php/das-taegliche-leben/1387-das-leben-in-einer-nukleo-gemeinschaft Ich denke mir auch dass gerade die Existenz von strukturtragenden "Großfamilien" auch die Existenz von "Singles" erlauben könnte. Eine auf dem "Singlemodell" aufgabaute Gemeinschaft scheinbt hingegen schwerer zu funktionieren. Wir sind hier schon mitten drinnen in der Mustertheorie. Die Nachbarschaften können in der Dorfgemeinschaft jeweils verschiedene Aufgaben übernehmen und einander ergänzen. Das erinnert auch an das was Christopher Alexander das "Mosaik von Subkulturen" nannte, obwohl im gelingenden Dorf die Subkulturen wahtscheinlich mehr Funktionen füreinander erfüllen müssen als in der Stadt. Was ich meiner Arbeit in diesem spezifischen Sektor dennoch zugrunde legen möchte ist nicht die Frage, ob nicht auch in Zukunft ein ganzes DORF eine "Persönlichkeit", ein "Thema" braucht. Ich vermute dass es notwendig ist, um uns wirklich "kulturell zu befriedigen". Wieder Mustertheorie. Aber über Alexander hinaus.
HelmutLeitner: Franz, Alois, ich bin skeptisch gegenüber dem "träumen", da man zu schnell die Verbindung zu dem Boden verliert, auf den man seine Vorstellungen bringen möchte. Es gibt aber für mich ähnliche Formen, etwa dem Probieren theoretischer Möglichkeiten oder dem Produzieren von Ideen (brainstorming), die vielleicht von euch als Träumen akzeptiert würden. Der Begriff der Nachbarschaft ist theoretisch sehr interessant, vor allem auch aus der Perspektive der Mustertheorie, weil er einer abstrahierten Raumvorstellung zu Grunde liegt, also der Möglichkeit der Übertragung von Vorstellung der räumlichen Architektur in andere Anwendungsfelder. Raum ist dort, wo ein Element auf ein anderes wirkt, etwa im Internet. Damit ist Nähe und Ferne möglich, Interaktion oder Isolation. Nachbarschaft im übertragenen Sinn ermöglicht Gemeinschaft, bewirkt sie aber offensichtlich nicht. Unter Männern weniger als unter Frauen, die sich teilweise bewusster sind, dass der Alltag vielfältige Möglichkeiten der gegenseitigen Aushilfe bereithält und dass es sich lohnt in ein soziales Netzwerk zu investieren. Männer sind eher die einsamen Kämpfer, die sich erst unter der Notwendigkeit von Aufgaben wie der Jagd zu Teams zusammenschließen. Ohne diese hier weiter zu verfolgen: Gemeinschaft wird sich vor allem dann bilden, wenn es Ziele gibt, zu deren Erreichung eine Zusammenarbeit erforderlich ist. Das Zerfallen von althergebrachten Gemeinschaften hat sicher einige Ursachen. Wenn man von Schuldzuweisungen abrückt, dann sehe ich vor allem die enormen Veränderungen in Technik und Gesellschaft, die alte Strukturen aufbrechen zu kleineren Einheiten, die sich vielleicht einmal zu neuen Strukturen neu anordnen. Wir müssten die neuen Zeiten imaginieren können, um neue Gemeinschaften gestalten zu können. Sicher erscheint mir, dass eine totale Einordnung, wie sie in dörflichen oder patriarchalischen Hierarchien vorzufinden war, nicht mehr zeitgemäß ist. Der Mensch ist als Individuum mobil und autonom. Er wird sich in vielfältigen Netzwerken und Gemeinschaften bewegen und diese verlassen, wenn sie ihm nicht passen. Wir haben aber noch nicht die Kompetenz, diese Gemeinschaften aufzubauen und zu betreiben. Ich erinnere in diesem Zusammenhang an Alois Projekt der Silberling-Tauschgemeinschaft, deren aktuellen Zustand ich zwar nicht kenne, von der ich aber vermute, dass sie noch in einem sehr frühen Stadium mehr oder weniger stagniert. Es war aus meiner Sicht nicht möglich einen Konsens zu finden bzw ein Timing/Vorgangsweise zu finden und passende Strukturen aufzubauen. Bitte, das nicht als Kritik oder Schlechtreden zu verstehen. Ich sehe nur meine eigene und unsere gemeinsame Inkompetenz klar vor Augen. Die Frage ist, wie wir aus unseren Aktionen lernen und zu einer Kompetenz der Nachbarschaftsentwickung = Gemeinschaftsaufbaus kommen.
FranzNahrada 5. April 2010 10:45 CET
AloisKemmer 5. April 2010 19:30 CET: Hallo Franz, Hallo Helmut! Ich bin ziemlich beeindruckt von euren Reaktionen, die ich weitestgehend zustmmend zur Kenntnis nehme.
Besonders hervorheben und hier nochmls zitieren möchte ich folgende Sätze von Helmut: Über die ersten beiden Sätze sind wir uns offenbar einig und man könnte damit die Diskussion beenden - denn niemad würde ernsthaft auf die Idee kommen, derart verinnerlichte Verhaltensmuster des "Modernen Menschen" ändern zu wollen.
Aber die "noch nicht" vorhandene Kompetenz "diese Gemeinschaften aufzubauen und zu betreiben" könnte Freiraum- und eventuell sogar Ansporn sein, uns mit der Erarbeitung solcher "Kompetenzen" intensiver zu beschäftigen.
Soweit ich feststellen konnte, besitzt die Projektgruppe "Keimblatt Ökodorf" bereits einige Erfahrung im Umgang mit der Problemstellung "Nachbarschaftsbildung" und auch fertige Schulungsprogramme. Könnte man eventuell zusätzlich "einen" Mustertheorie-Experten dazu gewinnen ...? Könnte man das "Globale Dorf Kirchbach" zu einem Schulungsort für solche "Nachbarschaften" ausersehen? FranzNahrada: (Habe mir erlaubt kleine Korrektur beim Vornamen von Helmut anzubringen) Alois, Dein Enthusiasmus in allen Ehren. Und was Du sagst deckt sich auch sehr stark mit den ursprünglichen Impulsen dir ich verspürt habe ans sich das KB5 in Kirchbach entwickelte. Heute sage ich dsss man nur wirklich etwas lehren kann was man selber auch tut, und das ist eine total schmerzliche Erkenntnis. Kirchbach als Gemeinde hat das "Globale Dorf" als "Mascherl" sehr wohl akzeptiert, über die dahinterstehende Problematik wurde nicht mal ansatzweise nachgedacht. Mit Helmut bin ich mir da zwar nicht ganz einig inwieferne wir an dieser Situation was ändern hätte können. Aber ich vermute wir sind uns zumindest darin einig dass Kirchbach noch sehr viel zu tun hätte wenn es sich wirklich ernsthaft mit dem Etikett eines "Globalen Dorfes" schmücken will. Es war eine Zeit ganz nett als Ermutigung, Aufmunterung wenn Du willst. Aber jetzt sind die Ansprüche höher geworden. AloisKemmer 6. April 2010 10:35 CET: Ja lieber Franz, du ja nur zu hast Recht - "die Ansprüche sind höher geworden"! Was wir in Kirchbach brauchen - "wir Kirchbacher müssen endlich selbst aktiv werden"! Meine Aktivitäten sind aus dieser Überzeugung heraus motiviert. Aber das allein genügt nicht. Wir brauchen Professionalität, klare Zielvorstellungen und konkretes gezieltes Handeln - aber dabei auch jede erdenkliche Hilfestellung, wenn etwas nützliches dabei herauskommen soll.
Wenn ich das könnte, würde ich gerne eine "Dorfgenossenschaft Kirchbach" gründen und geeignete "Nachbarschaften" und Genossenschafts-Betreiber dafür finden. Und weil ich das nicht kann, bin ich vorerst einmal darauf angewiesen, wenigstens einige Denkanstöße zu liefern, in der Hoffnung darauf, Interessenten oder Interessensgruppen gibt, die daraus handfeste Pläne entwickeln, die sich tatsächlich auch umsetzen lassen. Ich versuche einfach einmal aufzuzählen was mir persönlich da so alles einfällt und lade alle ein, nachzusehen ob man daraus etwas sinnvolles zustande bringen könnte:
FranzNahrada 6. April 2010 15:55 CET Natürlich ist bei uns die Vorstellung dominierend, dass die Lebens- und Daeinsvorsorge und die Infrastruktur ausschließlich Kompetenz des Staates ist. Es wäre mal interessant sich in Österreich umzublicken, vielleicht auch bei den beiden großen Genossenschaftsverbänden zu recherchieren (Raiffeisen und Schulze-Delitsch) inwieferne genossenschaftliche Infrastrukturen überhaupt noch in diese Welt hineinreichen. Der Bauernmarkt oder Bauerladen im Grabnerhof hingegegen wäre eine wirklich plausible Initiative, wie überhaupt alles was in Richtung Landwirtschaft und Ernährungssicherheit geht, vielleicht könnte man da auch mit dem Vulkanland zusammenarbeiten, ich weiß es nicht, darüber hab ich sehr widersprüchliche Eindrücke. Fahrgemeinschaften hab ich mal als online-Versuchsprojekt angeregt. Ich bin übrigens dafür dass wir diese Seite in die Kirchbach-Seitenfamilie verlagern.
AloisKemmer 6. April 2010 19:00 CET:Ich bin natürlich mit jeder Verlagerung dieser Seite(n) einverstanden, würde aber darum bitten, dass Du das selbst erledigst. Üm übrigen stimmen wir ja auch weitestgehend überein. (Könnte man eine eigene Seite DorfGenossenschaften? anlegen?) Irgendwie ist mir offenbar eine Art "Motor-Funktion" zugefallen - ok - ich versuche einmal dran zu bleiben, mal sehen was dabei herauskommt ... Heute habe ich mit Peter Mayer, mit Franz Steinwender und mit Franz Rieger diese "Neuigkeiten" durchbesprochen. Franz Rieger wird von Thailand aus mit uns in Kontakt bleiben und Peter Maier habe ich vorweg einmal "Denksportaufgaben" eingedeckt ... Für morgen habe ich einen Termin beim Direktor der Raiffeisenbank vorgesehen, ich möchte bloß einmal erkunden, ob ich bezüglich "Grabnerhof" mit meiner Genossenschaftsidee auf irgend ein Interesse stoße, oder ob dort ohnehin schon "alle Züge abgefahren sind" ..? (Angekündigter Baubeginn = Frühjahr 2010 = jetzt ..?) Ich möchte einfach Bescheid wissen - sonst konzentriere ich mich eben auf die anderen mir bekannten Möglichkeiten. Beim Keimblatt Ökodorf bin ich (als erfahrener Baufachmann) im Projektentwicklungsteam, gemeinsam mit dem offiziell als "Projektentwickler" beauftragten DI. Kolbe mittätig ... Mit dem "Vulkanland" werde ich mich vorerst einmal nicht befassen, momentan würde mir die "Kleinregion Kirchbach-Labiltal" wesentlich näher liegen. Immerhin habe ich gute Gesprächskontakte speziell mit den Bürgermeistern von Kirchbach und von Zerlach. ... alles nach dem Motto: "Die Kirchbacher müssen jetzt selbst aktiv werden".
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